Sonntag, 12. November 2017

Kritische Filmkritik (2)





O2 ist eine Telekommunikationsfirma, O3 ist ein Regisseur, dessen jüngster Film "Jung und Schön" schön kontrovers diskutiert wird, - weniger euphemistisch gesagt: es gibt wieder mal hysterisches Geschrei. Die meisten Menschen, insbesondere berufliche Maulhuren, benutzen die Worte "Schlampe", "Hure" und "Nutte" nuttigerweise sehr schlampig, woraus die dümmste Art von Diskussionen resultiert, nämlich jene Diskussionen, in denen für jeden ein und dasselbe Wort etwas anderes bedeutet. Solche Diskussionen fangen aus Streitlust an, und enden mit persönlichen Beleidigungen. Dabei sind die hierfür zu bestimmenden Begriffe schon beleidigend genug.

Eine Schlampe ist jemand, der Unzucht treibt. Es gibt auf der Leinwand nur noch Schlampen, es sei denn, ein Film spielt im Kloster. Die Definition der Nutte ist enger: eine Nutte verkauft ihre Sexualität, und leugnet, dass sie ihre Sexualität verkauft. Wäre die Hauptperson von "Jung und Schön" eine Nutte, wäre die Aufregung nicht so groß. Nun ist sie aber keine Nutte, sondern eine Hure, d. h. jemand, der seine Sexualität verkauft, und dazu steht. Eine 17-Jährige, die sich freiwillig prostituiert: ein Skandal! Sie wurde nicht als Kind missbraucht, sie wird nicht zur Prostitution gezwungen, sondern tut es, weil sie Lust dazu hat. Natürlich fragt man sich als Journalist, Schmeißfliege, Klatschtante oder Aufmerksamkeitsparasit, warum sie das macht.

Die Antwort ist, wie so oft, in den Konsequenzen einer nihilistischen Weltanschauung zu finden. Geld, welches niemals realisiert wird, ist bloß virtuelles Geld. Irgendwann muss mit dem Geld etwas gekauft werden, oder der Glaube daran, dass es noch gilt, schwindet. Schönheit, die nicht realisiert wird, ist virtuelle Schönheit. Im nihilistischen Bewusstsein gibt es keinen Begriff eines Selbstzwecks, der Nihilismus ist das Reich der Mittel (weshalb absolut alles als relativ erscheint). Ein schöner Körper kann nur durch sexuellen Konsum realisiert werden. Wenn es der eigene Körper ist, bedarf es eines äußeren Konsumenten als Mittel des Selbstgenusses. Tierische Menschen, die schön aussehen, wollen vernascht werden, damit ihre Schönheit realisiert wird, und wollen selbst bestimmen, von wem, damit sie durch ihre Reize Macht ausüben können.

Der eigentliche Skandal von "Jung und Schön" ist, dass Sex selbstverständlich scheint und als alternativlos gilt. Als gäbe es keine andere Art, erwachsen zu werden. Wenn der Gradmesser des Erwachsenseins in einer Gesellschaft an der Zerstörung gemessen wird, die du dem Kind in dir angetan hast, dann ist es wahrlich nicht schön, in einer solchen Gesellschaft jung zu sein.