Freitag, 12. August 2022

Selbstlob der Exzellenz

 

 

 

 

Die meisten Menschen müssen auf den common sense vertrauen, sie fahren gut, wenn sie sich daher am Mainstream orientieren. Ob ein Verstandes-IQ oder ein Vernunft-IQ von 115 die Schwelle zwischen Intuition und Denken darstellt, muss näher untersucht werden. Nach pessimistischen Schätzungen sind es 2%, nach optimistischen sogar 15%, die dauerhaft den Intuitions-Autopilot verlassen und als Denker durchs Leben gehen können.

Denker sind Erfinder, Entdecker, sie erschaffen Neues. Ohne die Top 1% würde die ganze Menschheit immer noch in der Steinzeit leben, nicht nur technologisch, sondern auch moralisch: es sind Denker, die intuitive Mainstream-Praktiken wie Sklaverei, Hexenjagd, Homophobie oder Todesstrafe in Frage stellen (mit offenem Ausgang, nicht einfach nur dagegen). Gäbe es nur den Mainstream, wäre das menschliche Leben überall auf der Welt nicht einmal mit dem der Naturvölker zu vergleichen: die Menschen wären bloß etwas intelligentere Tiere.

So trägt jedes Mitglied der intellektuellen Elite eine Verantwortung für die Dummen; ein Kluger muss statistisch bis zu 50 Idioten geistig auf den Schultern tragen. Zieht man schlechte und böse Menschen unter den Klugen ab, wird die Verantwortung der Anständigen unter den Intelligenten noch größer. Sie müssen alles kritisch hinterfragen, das Leben für alle verbessern, Probleme lösen, deren Existenz die Mehrheit noch nicht einmal erkennen kann, für Frieden zwischen Gruppen aus emotional und intuitiv gesteuerten Mitmenschen sorgen.  

Ist die Sünde der Normalintelligenten Destruktivität (bloß gegen den Mainstream sein: aus Ressentiment, Minderwertigkeitskomplexen, Zukurzgekommensein, Wut, Hass, sonstigem privaten und persönlichen Leid, oder aber als hypervigilante emotionale Reaktion auf Kränkungen durch Mitmenschen), so ist die Sünde der Exzellenten die Abstinenz (Rückzug ins Private, Verweigerung der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, nicht-spirituelles, egoistisches, Eremitentum).