Freitag, 4. Mai 2018

Verschwörungstheorien I: Evolution





Eine Verschwörungstheorie - und wir wollen hier theorieferne Legenden wie wirklichkeitsfremde Mythenbildungen außer Acht lassen - ist logisch nicht zu widerlegen, da sie zu logisch ist, logischer als die Realität. In einer Verschwörungstheorie gibt es für alles eine logische Erklärung; Zufall, Dummheit und Spontaneität werden darin überhaupt nicht in die Rechnung einbezogen, oder aber der verschwörungstheoretischen Gretchenfrage cui bono untergeordnet.

Eine Verschwörungstheorie ist nicht logisch, sondern nur faktisch zu widerlegen. Heute weiß man, dass der von den Nazis selbst entfachte Reichstagsbrand keine Verschwörungstheorie, sondern eine Tatsache ist, man weiß ebenso, dass der Mord an Kirow Stalins Werk war, Tatsache ist, dass der Tonkin-Zwischenfall, der Anlass für den Vietnamkrieg, von den USA selbst inszeniert wurde. Über die Ermordung Kennedys sind längst nicht alle Fakten bekannt, und über die Terroranschläge vom 11. September 2001 kursieren ausschließlich Verschwörungstheorien - die offiziellen wittern eine Verschwörung am Hindukusch und die inoffiziellen beschuldigen die US-amerikanischen Geheimdienste.

Nicht weil der 11. September zu brisant und zu aktuell ist, sondern weil zu komplex, wird hier von einer Betrachtung der dazugehörigen Verschwörungstheorien abgesehen, und wir stellen die nicht weniger interessante Frage, wer den US-Präsidenten Kennedy am 22. November 1963 in Dallas ermordete. Rein logisch ist die Sache klar: es war ein politischer Mord, und er diente offenbar einer Weichenstellung für den darauffolgenden Vietnamkrieg. Unter seriösen Historikern ist dies jedoch umstritten, und muss umstritten sein, falls es nicht umstritten ist, denn es hätte einen Vietnamkrieg wahrscheinlich auch mit Kennedy gegeben, da nach der damaligen amerikanischen Eindämmungsdoktrin gegenüber dem Kommunismus Südvietnam schon aufgrund des befürchteten Domino-Effekts in Südasien nicht kamflos den Kommunisten hätte übergeben werden dürfen. Kennedy war der erste Präsident im 20. Jahrhundert, der echtes amerikanisches - nicht dem Kartell aus Privatbanken, der FED gehörendes - Geld drucken ließ, weshalb er kurz darauf von der Hochfinanz beseitigt wurde, - ist doch logisch. Vielleicht zu logisch.

Es war kein Geheimnis, dass John F. Kennedy ein Frauenheld war und unzählige Affären hatte, und es ist undenkbar, dass er dabei keinem einzigen Mann die Frau ausgespannt hätte; viele Frauen, die mit Kennedy schliefen, betrügten dabei irgendeinen anderen Mann. In den USA sind die Waffengesetze sehr locker, und Kennedy war in Texas nicht besonders beliebt. Vielleicht hatte ein Waffennarr, der viele Freunde in Dallas hatte, sich an Kennedy für den Ehebruch mit seiner Frau rächen wollen, und wenn es um Frauen geht, ist der Kontrahent in erster Linie ein Mann, und erst in zweiter Linie, die im Fall Kennedys eine womöglich zwei Schützen voraussetzende Schusslinie war, ein Präsident. Zwei Schützen - ein Kumpel hat geholfen. So einfach ist das. Dass der Sündenbock nicht der Mörder war, muss man aus der Geschichte mittlerweile gelernt haben.

Wie sieht es nun mit der Evolution aus? Bis zum Durchbruch der Genetik vor 70 Jahren war die Evolutionstheorie höchst umstritten, wurde danach aber umso mehr gefeiert, und jede Alternative wurde verworfen. Die Evolutionstheorie ist die derzeit beste logische Erklärung für die Entstehung der Arten, sie wird jedoch nie experimentell so überprüfbar sein wie die Relativitätstheorie. Als eine Geschichtswissenschaft ist die Evolutionsbiologie der Logik ausgeliefert, und diese treibt manchmal sehr gemeine Spielchen. Ein Paranoiker ist ein Mensch, der logischer denkt, als die Welt in Wirklichkeit ist, und Zusammenhänge sieht, wo keine sind. Ist die Evolutionstheorie vielleicht nur Ausdruck einer Paranoia, die, da die Existenz Gottes nicht beweisbar ist, vom Schlimmsten, vom absoluten Nihilismus ausgeht, bis sie durch das evidente Sinnvolle, Schöne und Gute, durch eine unleugbare göttliche Offenbarung widerlegt wird?

Ich muss gestehen, oder mich feiern lassen, je nachdem, auf welcher Seite die Bornierteren der Leser stehen, ich bin Darwinist. Allerdings glaube ich auch an einige Verschwörungstheorien und bin nicht gerade gemäßigt paranoid. Mein Weltbild ist durch die Logik geprägt, wenn auch nicht durch eine mechanische, sondern durch eine ontologische Logik, welche in der Hegelschen Logik ihre begriffliche Vollendung findet. Jedoch habe ich auch Gefühle, verfüge über die Lebenserfahrung von siebenundzwanzig langen Jahren, und weiß, dass es auf der Welt nicht nur logisch zugeht, insbesondere was das praktische Handeln von Menschen, Personen, Wesen mit einem freien Willen, betrifft. Sobald ich Gott als eine Person denke, kann ich mir nichts Unvorstellbares mehr vorstellen. Eine allmächtige Person mit einem freien Willen und einer unbegrenzten Phantasie kann spielend eine Welt wie die Unsere erschaffen, und es wie Evolution aussehen lassen; Descartes, welcher behauptete, der wahre Gott würde uns niemals täuschen, hatte dabei eine unverzichtbare Eigenschaft eines jeden Wesens mit einem freien Willen aus dem Blick verloren - den Sinn für Humor.