Dienstag, 12. Dezember 2017

Kurzundknappe Filmkritik (2)




Paulas Geheimnis (Gernot Krää, 2007): Miese Sozialschnulze


Paula ist eine langweilige Bonzengöre, die die Phantasie eines mittelbegabten Dreijährigen hat, und mit dieser ihre Tagträume füllt, um ihrem Leben, das noch langweiliger ist, als sie selbst, zu entfliehen. Tobi (den Nachnamen hätten sie nicht subtiler aussuchen können: Pröllinger) ist der Sohn eines Hausmeisters und ein ekelhafter Fresssack. Die beiden Kinder gehen in dieselbe Klasse; Tobi ist in Paula verknallt, Paula kann Tobi standesgemäß nicht ausstehen, und findet ihn, was sehr lobenswert ist, eklig. Als Paulas Tagebuch von zwei Roma-Kindern geklaut wird, hilft ihr Tobi beim Suchen, und die zwei Welten prallen aufeinander: auf der einen Seite die wohlstandsverwöhnten reichen und armen deutschen Gören, auf der anderen Seite als Klausklaven von einer Verbrecherbande unter grausamen Bedingungen gehaltene Roma-Kinder. Am Ende retten Tobi und Paula zwei arme Kinder, und es ist wieder heile Welt, und Paula findet das Leben so überraschend gut, und Tobi nicht mehr eklig.

Vortrefflich: für deutsche Verhältnisse arme Kinder müssen nicht dämlich sein (Tobi interessiert sich für Astronomie, und weiß Dinge, die selbst die Musterschülerin Paula nicht weiß), aber ekelhaft müssen sie schon sein: schlecht erzogen, vorlaut, dickliche Ferkel, die ständig am Fressen sind. Hätte es ein verschämter schüchterner Junge nicht auch getan? Wäre es nicht besser für welche Absichten der Film auch immer hatte gewesen, Tobi wäre ein anständig schüchterner, physiognomisch sympathischer, sich für seine niedrige soziale Herkunft schämender Junge? Zum Glück ist Paula alles andere als eine Traumprinzessin, vielmehr eine ordinäre Einzelgöre ignoranter Bonzen (als sie vom Verlust des Tagebuchs erzählt, versteht die Mutter nicht im Geringsten ihre Sorge, dass wildfremde Leute nun Paulas intimste Geheimnisse lesen können, welche allerdings so phantasielos sind, dass sie wohl in einer Million Tagebüchern in demselben Wortlaut so stehen werden), und verdient nicht wirklich einen hübschen edelschüchternen Jungen, erst recht nicht, wenn so ein ekliger Tobi ihren imaginierten Traumprinzen im Handumdrehen in den Schatten stellt. 


Kurz: es ist ein typisch deutscher Gutmenschenfilm, der Sensibilität vorspielt, und dabei jede Sensibilität vermissen lässt. Er reiht sich in die peinliche Liste der moralinsauren Kinderfilme wie die neueste Vorstadtkrokodile-Trilogie genauso bequem ein, wie in das Kitschorgienverzeichnis mit dem meistverschwendeten jungen Talent der letzten Jahre, Emilia Schüle (die Filme heißen "Freche Mädchen" 1 (2008) und 2 (2010) sowie "Gangs" (2009)). Die Filmbewertungsstelle Wiesbaden ist für ihren Sarkasmus bekannt und verlieh in bester satirischer Tradition dem Film das Prädikat "besonders wertvoll".