Montag, 18. Dezember 2017

Memoiren: Juli 2010





Das einzig Angenehme an der Hitze: die Massen waren beim Public Viewing (nein, nicht in einem Leichenschauhaus), und das 4:1 konnte ich mir, wir uns und man sich in einer angenehmen Menschenleere in einem Restaurant bei einem Bananenweizen und einer Pizza anschauen. Aber es wurde noch heißer. Ich schleppte reihenweise 9kg-Sixpacks Wasser nach Hause, aß Eis, half nix. Die Luft, dieser feuchte Dreck. Kein Entkommen. Am Tag, an dem das Finale lief, war es am Heißesten. Das Finale war hässlich. Der Tag war schön. Von einem Wein aus der Zeit von Müller, Maier und Beckenbauer betrunken, ging der Feldzug gegen die Eisdielen los. Kugel für Kugel wurde die Spandauer Innenstadt eisfrei gemacht. 40 Grad im Schatten. Muss alles Geschäft sein? Man hätte uns das Eis auch für ein Danke hergeben können, es wäre an dem Tag selbst in der Tiefkühltruhe geschmolzen.

Eine unangenehme Begegnung mit Aktivisten. Du, Spendenvieh, bist Dreck für sie. Sie bohren ihre Gewissenszähne tief in deinen Hals, und wenn kein Geld statt Blut fließt, beißen sie dir den Kopf ab. Jemand, der die Menschen so hasst, sollte eigentlich davon ausgehen, dass diesen sein weltverbesserisches Anliegen egal ist. Das schäbigste Eis überhaupt gab es für 7,50 nicht weit vom Bahnhof Zoo. Die frischen saftigen blauen Beeren, die Hauptattraktion der Eissorte auf der Karte, kamen wahrscheinlichstenfalls aus dem Supermarkt, wurden etwas aufgewärmt und in aller Frechheit dargereicht, während Bettler Kunde für Kunde Kunden an den Tischen belästigten. Die Wiedergutmachung am Bahnhof in Hannover Klasse, das Eis. Für vier Wochen sollte ich Berlin den Rücken kehren, was beiden Seiten gut tat. Malt des Monats: Bowmore 1992 (16 Jahre, Wine Cask).

Dienstag, 12. Dezember 2017

Kurzundknappe Filmkritik (2)




Paulas Geheimnis (Gernot Krää, 2007): Miese Sozialschnulze


Paula ist eine langweilige Bonzengöre, die die Phantasie eines mittelbegabten Dreijährigen hat, und mit dieser ihre Tagträume füllt, um ihrem Leben, das noch langweiliger ist, als sie selbst, zu entfliehen. Tobi (den Nachnamen hätten sie nicht subtiler aussuchen können: Pröllinger) ist der Sohn eines Hausmeisters und ein ekelhafter Fresssack. Die beiden Kinder gehen in dieselbe Klasse; Tobi ist in Paula verknallt, Paula kann Tobi standesgemäß nicht ausstehen, und findet ihn, was sehr lobenswert ist, eklig. Als Paulas Tagebuch von zwei Roma-Kindern geklaut wird, hilft ihr Tobi beim Suchen, und die zwei Welten prallen aufeinander: auf der einen Seite die wohlstandsverwöhnten reichen und armen deutschen Gören, auf der anderen Seite als Klausklaven von einer Verbrecherbande unter grausamen Bedingungen gehaltene Roma-Kinder. Am Ende retten Tobi und Paula zwei arme Kinder, und es ist wieder heile Welt, und Paula findet das Leben so überraschend gut, und Tobi nicht mehr eklig.

Vortrefflich: für deutsche Verhältnisse arme Kinder müssen nicht dämlich sein (Tobi interessiert sich für Astronomie, und weiß Dinge, die selbst die Musterschülerin Paula nicht weiß), aber ekelhaft müssen sie schon sein: schlecht erzogen, vorlaut, dickliche Ferkel, die ständig am Fressen sind. Hätte es ein verschämter schüchterner Junge nicht auch getan? Wäre es nicht besser für welche Absichten der Film auch immer hatte gewesen, Tobi wäre ein anständig schüchterner, physiognomisch sympathischer, sich für seine niedrige soziale Herkunft schämender Junge? Zum Glück ist Paula alles andere als eine Traumprinzessin, vielmehr eine ordinäre Einzelgöre ignoranter Bonzen (als sie vom Verlust des Tagebuchs erzählt, versteht die Mutter nicht im Geringsten ihre Sorge, dass wildfremde Leute nun Paulas intimste Geheimnisse lesen können, welche allerdings so phantasielos sind, dass sie wohl in einer Million Tagebüchern in demselben Wortlaut so stehen werden), und verdient nicht wirklich einen hübschen edelschüchternen Jungen, erst recht nicht, wenn so ein ekliger Tobi ihren imaginierten Traumprinzen im Handumdrehen in den Schatten stellt. 


Kurz: es ist ein typisch deutscher Gutmenschenfilm, der Sensibilität vorspielt, und dabei jede Sensibilität vermissen lässt. Er reiht sich in die peinliche Liste der moralinsauren Kinderfilme wie die neueste Vorstadtkrokodile-Trilogie genauso bequem ein, wie in das Kitschorgienverzeichnis mit dem meistverschwendeten jungen Talent der letzten Jahre, Emilia Schüle (die Filme heißen "Freche Mädchen" 1 (2008) und 2 (2010) sowie "Gangs" (2009)). Die Filmbewertungsstelle Wiesbaden ist für ihren Sarkasmus bekannt und verlieh in bester satirischer Tradition dem Film das Prädikat "besonders wertvoll".

Freitag, 8. Dezember 2017

Das große Geld





Kann das Geld die Welt retten? Kosten für Rettungspakete im Vergleich:


- Gewissensberuhigung durch Almosengabe in Berliner S-Bahn: 1 Euro pro Fahrt.

- Vollständige Gewissensrettung durch Mitgliedsbeiträge an Wohltätigkeitsorganisationen: ab 60 Euro jährlich.

- Freizeitrettung für einen faulen Studenten durch den Kauf eines externen Backofens: 100 Euro.

- Existenzminimum (nach Hartz): 4000 Euro jährlich.

- Rettung des Ansehens nach Wegfall der Potenz durch Kauf eines Sportwagens: ab 100000 Euro.

- Hinüberrettung aus dem Stand der Zinssklaven in den Stand der Zinssklavenhalter: ab 400000 Euro an verzinsbarem Vermögen.

- Massivhaus mit Rettungsbunker in der Schweiz: ab 1.000.000 Euro.

- Rettung der Spitzenposition in der Kaste der Milliardäre: 60.000.000.000 Euro.

- Rettung Griechenlands: optimistisch gerechnet 200.000.000.000 Euro.

- Rettung Deutschlands aus sämtlichen Schuldenverstrickungen: 5.000.000.000.000 Euro.

- Rettung der USA: 75.000.000.000.000 Euro.

- Rettung des Planeten: für 7 Milliarden Bevölkerungseinheiten 100.000.000.000.000 Euro jährlich (mittleres Einkommensniveau, ab welchem und höher die Umweltverschmutzung relativ abnimmt).


Anmerkung: die Berechnungen sind von 2011, also seit 5 Jahren veraltet.

Sonntag, 3. Dezember 2017

Wochenzeitungen 2028




Ein Prognoseinstitut für Vorhersagen gnostiziert folge Auflagenstärke der 12 auflagenstärksten Wochenzeitungen in Deutschland im Sommer 2028 pro:


1. Der Sex (kultureller Mainstream): 365000

2. Junge Freiheit (politischer Mainstream): 172000

3. Die Zeit (Nonsens-Radikalismus): 153000

4. Die Miezekatz (gehobenes Modeblatt): 137000

5. Der Freitag (kultureller Mainstream): 115000

6. Die Grenze (Flüchtlingszeitung): 103000

7. Der Pöbel (BILD in Schmähsprache): 90000

8. Welt am Sonntag (wirtschaftlicher Mainstream): 87000

9. Der Stürmer (Nostalgiezeitung): 71000

10. Ohne Condom (gehobene Boulevardzeitung): 54000

11. Das Spiegelbild (Lügenpresse-Mainstream): 50000

12. Die Lügenpresse (völkische Medienbeobachtung): 47000