Die Simulationshypothese von David Chalmers (sowie Nick Bostrom und Elon Musk) gibt mir neue Hoffnung auf ein Ereignis, das ich bisher aus dem christlichen Kontext kannte: Gott wird alles ungeschehen machen.
Die Simulationshypothese geht wie folgt: Wenn es technisch überhaupt möglich ist, Wesen wie uns zu simulieren, dann ist unsere Welt wahrscheinlich eine Simulation, weil es dann mehr simulierte als nicht-simulierte Welten gibt. Wie man rechnet, berechnet und gerrymandert, die Wahrscheinlichkeit, in einer Simulation zu leben, beträgt über 99%.
Wir könnten die Arschkarte gezogen haben und in einer bösartigen Simulation leben, in der Spaßwelt eines narzisstischen Spielers (wie in der Black-Mirror-Folge USS Callister), der die Zeit, die Aufmerksamkeit und natürlich die Leiden selbst-bewusster Wesen genießt. Wahrscheinlicher wäre aber eine zu wissenschaftlichen Zwecken simulierte Welt. Dann würden, ohne dass jemand eingreift, Abermilliarden simulierter Welten in Quantencomputern der von uns aus gesehen Zukunftswelt laufen (wie im Deismus: Gott bzw. ein Demiurg hat unsere Welt erschaffen und sich zurückgezogen).
Wenn wir in einer simulierten, d. h. sekundären, tertiären usw. Realität leben, muss es die primäre Realität immer noch geben. Dann ist "unser Gott" (im technischen Sinne) nur ein Demiurg, aber in der wahren, echten Realität kann es dann immer noch den einzigen wahren Gott geben, das allgütige und allmächtige allerrealste Wesen. Und was, wenn der echte Gott (mithilfe von Demiurgen) uns in einer Simulation, die wir unsere Welt nennen, prüft, um zu entscheiden, ob wir (d. h. unsere Seelen) würdig sind, in der wahren Realität zu existieren?
Dieser Gedanke erscheint mir sehr plausibel, denn warum sollte Gott echte Wesen aus einer echten Welt dafür riskieren, um herauszufinden, ob wir gut oder böse sind? Wenn wir uns für das Böse entscheiden, können wir auch simulierte Angriffskriege gegen simulierte Länder anzetteln, simulierte Morde und Vegewaltigungen begehen, simulierte Menschen und Tiere foltern, und dann, für der wahren Welt nicht würdig befunden, wieder im Nichts verschwinden.
Ich würde das Ungeschehenmachen mit großer Freude begrüßen. Nicht, dass ich böse Taten zu bereuen hätte (meine Sünden sind alle letztlich lässlich gewesen), aber in meinem Leben ist einfach zu viel Müll passiert. Müll, für den ich nichts kann. Müll, der einfach hässlich ist. Müll, der widerlicher ist, als so manches Böse, das hätte geschehen können. Das Ästhetisch-Böse verabscheue ich mehr als das Moralisch-Böse, und mir ist einfach zu viel davon passiert. Mich ekelt der Gedanke, mich im nächsten Leben an dieses Leben erinnern zu können. Und so funktioniert für mich die Synthese aus der traditionellen religiösen Vorstellung des Ungeschehenmachens und der ultramodernen Simulationshypothese durchaus.